VITA
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Simone Frei, geboren in Basel 1971
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Studium der Malerei und Kunsttherapie 1991-1996
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Alanus- Hochschule der Musischen und Bildenden Künste, Alfter bei Bonn
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Geburt des Sohnes Joshua Mitja Theurich 1994 (†2023)
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Lebt und arbeitet in Basel und Dornach seit 1998
AUSSTELLUNGEN
2022 Ausstellung Kannenfeldstraße, Basel
2014 Galerie Trittligasse, Zürich
2013 Atelierausstellung Warteck, Basel
2011 Galerie Trittligasse, Zürich
2009 Galerie Trittligasse, Zürich
2008 Co 13 Bistro, Basel
2007 Galerie Trittligasse, Zürich
2005 Zum Isaak, Basel
2005 Galerie Trittligasse, Zürich
2004 KunstWerk Köln, 2002 Galerie artlpace, Basel
2000 Galerie Trittligasse, Zürich
1999 Gruppenausstellung Rudolfstr.4, Basel
1997 Ausstellung am GKH-Herdecke, DE
IMPRESSIONEN
Vernissage-Rede Markus Ryser
Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher
Herzlich willkommen zu der Ausstellung von Simone Frei. Die Künstlerin wurde 1971 in Basel geboren und sie studierte Malerei und Kunsttherapie an der Alanus / Hochschule in Bonn.
In ihrer Malerei konzentriert sie sich auf Farbe und Raum.
Beginnen wir mit der Farbe. Die hier ausgestellten Werke sind mit Acrylfarben gemalt. Sie werden stark verdünnt Schicht für Schicht aufgetragen. Dadurch schimmern die unteren Schichten durch die oberen hindurch, die Farben fangen an zu vibrieren und entfalten ein geheimnisvoll leuchtendes Leben. Aufgrund dieser vielschichtigen Malweise ergeben sich je nach Standpunkt und Lichteinfall neue Erlebnismöglichkeiten.
Die Gemälde erzielen ihre Leuchtkraft nicht durch dick, deckend, unverdünnt und pastos aufgetragene Farben, sondern gerade deshalb, weil sie so verdünnt zur Anwendung kommen. ähnlich wie in der homöopathischen Medizin wird hier die Wirksamkeit umso höher je verdünnter die Lösung ist.
Durch die Ausdünnung und Schichtung wirken die Farben nicht undurchdringlich und schwer, sondern transparent und leicht. Unser Blick wird nicht durch eine dicht abgeschlossene Farbfläche eingeschränkt und begrenzt. Dank dieser Malweise wird die zweidimensionale Fläche, die eine Leinwand ja eigentlich immer ist, aufgebrochen in die dritte Dimension.
Damit sind wir beim Thema Raum. Dieser Raum wird nicht durch die Gestaltungsmittel der Zentralperspektive erschlossen, sondern allein durch die Farbe. Wir sprechen deshalb von einem Farbraum. Er ist nicht klar definiert, weil auf Linien und Grenzziehungen vollständig verzichtet wird. Doch gerade deshalb entsteht der Eindruck von unbegrenzter Tiefe. Der hier geschaffene Raum fordert uns nicht auf, ihn von Punkt A nach Punkt B mit festen Schritten auf festem Grund zu durchschreiten, sondern lädt uns vielmehr ein, in ihn einzutauchen und uns dem beglückenden Erleben von Weite und Offenheit hinzugeben.
Ein weiteres Mittel zur Erzeugung dieses unendlichen Raumgefühls sehen wir in der Grösse der Bilder. Die Gemälde sind so gross, damit wir in diesen Raum eintreten, ihn erleben, ja sogar von ihm durchdrungen werden können. Die Grenzen zwischen innen und aussen, zwischen Betrachter und Bild werden aufgehoben.
Wagen Sie das Experiment und sie werden was erleben. Was sie aber erleben, ist so offen wie die Bilder selber. Die Künstlerin verzichtet bewusst auf alles Erzählende und Motivische und ermöglicht es so dem Betrachter, seinen eigenen Assoziationen, Erinnerungen und Emotionen freien Lauf zu lassen. Sie nimmt sich zurück zugunsten der Bildwirkung, will den Betrachterinnen und Betrachter möglichst keine Botschaften und Ideologien aufdrängen.
Sich Zeit nehmen ist dabei ein wichtiger Faktor. Nur wer gewillt ist, für einen Moment innezuhalten und bereit ist, die äusseren und inneren Eindrücke geschehen zu lassen, wird die alchemistische Verwandlung der Farbmaterie in Licht und Raum erleben können.
Ausgangspunkt und Inspirationsquelle der Künstlerin ist die aufmerksame Wahrnehmung von Farbstimmungen in Natur und Umwelt. In ihren Arbeiten will Simone Frei aber nicht die gegenständliche Welt abbilden, sondern legt den Fokus auf die Farben selber. Ihr Interesse beschränkt sich darauf, den Farben einen Auftritt zu ermöglichen und zu zeigen, wie sie miteinander interagieren und zusammen klingen. Wichtig sind nur noch die Farben selber. Die Künstlerin steht beim Malen nicht vor dem Bild und will eine Geschichte erzählen, sondern schaut zu, wie sich das Bild entwickelt. Das Gemälde entfaltet vor ihren Augen nach und nach eine eigene Gesetzmässigkeit und Logik. Eine Farbe geht aus der anderen hervor, verlangt nach der nächsten Farbe. Im Gesamtzusammenhang des Bildes entstehen Farbklänge. Vergleichbar einer musikalischen Komposition entstehen Rhythmen und Melodien, die man beinahe zu hören glaubt.
Damit aus den verschiedenen Farben eine Einheit entsteht, müssen die einzelnen Farben in einem aufwändigen Prozess miteinander verbunden werden. Das Gestalten der àœbergänge erreicht sie durch den Einsatz von Weiss, das wie ein Nebel wirkt, der Körpergrenzen aufzulösen vermag.
In einem weiteren Schritt gestaltet sie das Zusammenwachsen der Einzelkomponenten zu einem Ganzen, indem sie zwei aufeinander treffende Farben durch sich überlagernde Wellenlinien miteinander verschränkt und ineinander fliessen lässt.
Diese àœbergänge sind sehr subtil und fein. Waren die früheren Werke der Künstlerin noch viel stärker strukturiert, führt der Weg nun immer mehr zu einer fast vollständigen Auflösung von allen Grenzziehungen und scharfen Konturen.
Diese Malerei ist radikal malerisch in dem Sinne, dass sie alles Lineare hinter sich lässt. Hier regiert die reine Farbe und öffnet Räume, in denen es kein Oben und Unten mehr gibt. In diesen Farb- und Lichträumen können wir uns beim Betrachten gemeinsam mit der Farbe ausdehnen. Auch deshalb müssen die Bilder recht gross sein. Damit sich die Farben zeigen und entfalten können.
Diese grenzenlose Weite lässt uns frei atmen und zur Ruhe kommen und bildet einen heilsamen Gegenpol zu Hektik, Getriebenheit und Geschwindigkeit, die unseren Alltag oft prägen. Die Künstlerin lässt uns Teilhaben an ihrer Erkenntnis, dass Reduktion und sich Zurücknehmen das intensive Erleben von Fülle begünstigen können. In ihren Bildern sehe ich den philosophischen Begriff der Leerheit, der die Abwesenheit von einengenden Konzepten meint, eindrücklich verwirklicht. Die Bilder fordern uns auf, loszulassen und mal einfach einen Moment lang eine Lücke in unserem geschwätzigen Gedankenstrom zuzulassen, still zu werden und einfach da zu sein und zu schauen. Deshalb gebe nun auch ich Ruhe und bedanke mich im Namen der Betrachterinnen und Betrachter herzlich bei Simone Frei für ihre uns hier dargebotene Bildmedizin.
Herbstvernissage vom 7. November 2008